1QpHab - Der Habakuk- Kommentar

Dreizehn Kolumnen wechselnder Breite mit durchschnittlich je 18 Zeilen enthält diese 1,419m lange Lederrolle. Die letzte Kolumne enthält nur vier Zeilen. Der untere Rand ist stark beschädigt, wodurch die untersten Zeilen durchweg wegfallen. Bedingt dadurch, daß der Anfang der Rolle stark verstümmelt ist, ist die erste Kolumne nur fragmentarisch erhalten.

Der ursprüngliche Name dieser Schrift ist uns nicht erhalten. Nach ihrem Inhalt jedoch wird sie als Habakuk- Kommantar oder richtiger als Habakukpescher bezeichnet. Sie enthält die Kapitel 1 und 2 des Propheten Habakuk sowie deren Auslegung. Nach Lohse1 geht aus dieser Schrift eindeutig hervor, daß die Qumran- Gemeinde ihre Wurzeln in den Kreisen der Jerusalemer Priesterschaft hat, jedoch "wegen ihres strengen Gesetzesverständnisses in Auseinandersetzungen mit dem amtierenden Hohepriester geriet und sich an einen anderen Ort zurückziehen mußte".

Den Verfasser der Handschrift vermutet Rost2 in Qumran, die Abfassungszeit gibt er mit dem 2./1.Jhd. v.u.Z. an. Die Schrift gibt Einblick in die Qumran- spezifische Art der Auslegung sowie in die Zeitgeschichte. Ähnliche Pescharim finden sich zu Jesaja, Hosea, Micha, Nahum, Zephanja sowie zu Psalm 37.

Der zitierte Bibeltext weicht nur geringfügig von dem des masoretischen Textes ab. Der gesamte Text ist in Sinnabschnitte aufgeteilt, die je mit einer Deutung auf die Ereignisse der Geschichte der Qumran- Gemeinde versehen sind; das Prophetenwort wurde in Form einer Auslegung aktualisiert.

Als Besonderheit wäre anzuführen, daß das Tetragramm in althebräischen Schriftzeichen verwendet wird.

Auch wenn sich diese Handschrift nicht eindeutig datieren läßt, wurde sie doch mit Sicherheit zur Zeit der Römerherrschaft abgefaßt. Darauf weist die Erwähnung der "Kittim" (II,12.14 u.a.), eines Volkes, das laut II,14 "viele Länder [...] in Besitz genommen" hat. Daß die Kittim nicht mit den Seleukiden gleichzusetzen sind, läßt sich aus einem Fragment des Nahum- Pescher aus Höhle 4 herleiten, wo es heißt: "[...] von Antiochus bis zum Aufstieg der Herrscher der Kittim [...]".

Der im Habakukkommentar des öfteren erwähnte Frevelpriester war aller Wahrscheinlichkeit nach ein Vorgänger von Aristobul I (104-103), der als erster den Titel "König" annahm. In VIII,8f wird davon gesprochen, daß er zunächst sein Amt ordnungsgemäß führte; nachdem er jedoch die Herrschaft übernahm, "erhob sich sein Herz, und er verließ Gott und handelte t[re]ulos gegen die Gebote", er wurde ungerecht. Wie ich auch im folgenden weiter belegen werde, läßt sich in dieser Person Jonathan (160-142) vermuten. Acht Jahre war dieser Führer Israels, ohne jedoch einen offiziellen Titel zu tragen. Im Jahre 152 wurde er dann von Alexander Balas zum Hohenpriester ernannt, 150 zum militärischen und zivilen Verwalter von Judäa und schließlich 145 von Antiochus VI von der ganzen Provinz Syrien.

Auch 1QpHab VIII,16-IX,2.9-12 sprechen für Jonathan. Der Syrer Trypho verbreitete Gerüchte über schreckliche Wunden am Körper Jonathans, den er gefangen hielt, um dessen Bruder Simon zur Kapitulation zu zwingen. Als dies jedoch nicht gelang und sein Plan somit scheiterte, "befriedigte er seine Rachegelüste, indem er dem unglücklichen Gefangenen einen schmerzhaften Tod bereitete". Dieses Ende (1QpHab 8,9-12) paßt zu Jonathan besser als zu irgend jemand anderem.

Eine weitere Bestätigung finden wir in der Erwähnung des "Haus Absalom" in 1QpHab XI,9-12. Das "Haus Absalom" paßt sehr gut in die makkabäische Zeit. Wie wir u.a. 1.Makk.11,69f; 13,11; 14,5 u.a. entnehmen können, spielte es eine nicht unbedeutende Rolle.


Fußnoten

1 Lohse, Eduard: Die Texte aus Qumran, Kösel-Verlag München, dritte Auflage, 1983
2 Rost, Leonard: Einleitung in die alttestamentlichen Apokryphen und Pseudepigraphien einschließlich der großen Qumran- Handschriften. Quelle & Maier, Heidelberg 1979

Erarbeitet und erstellt von Andreas Itzchak Rehberg, 1994